Rezension: Stephanie Jana & Ursula Kollritsch, Das Jahr des Rehs

Romane in Form von E-Mails sind mittlerweile nichts Neues mehr. In „Das Jahr des Rehs“ stammen diese aber nicht nur aus einer Feder: Zwei Protagonistinnen und zwei Autorinnen treffen in diesem Buch aufeinander.

Zu den Autorinnen
Ursula Kollritsch, geboren 1972, und Stephanie Jana, Jahrgang 1975, tauschen wie ihre Romanfiguren fast jeden Tag E-Mails aus. Die freiberufliche Lektorin und die Texterin reden dabei sowohl über Berufliches als auch über Privates. Beide leben mit ihren Familien in Bad Honnef.

Quelle: www.ullsteinbuchverlage.de
Quelle: www.ullsteinbuchverlage.de

Nach langer Zeit wieder vereint
Seit 17 Jahren haben sich die Freundinnen Bella und Bine aus den Augen verloren, bis plötzlich bei der Architektin Bine eine E-Mail ihrer ehemals besten Freundin eintrifft. Schnell ist die lange Funkstille zwischen beiden vergessen: Gemeinsam erinnern sie sich an alte Schulfreunde und Liebhaber, lesen gespannt von den Lebenspfaden der anderen. Während Bine mit Mann und Kindern in der hessischen Heimatprovinz lebt, hat es die aufgeweckte Journalistin Bella mit ihrem Sohn nach Berlin verschlagen. Ihre große Liebe, Lebenspartner Andrej, schaut dort nur selten und gerne unangekündigt vorbei. Die Freundinnen schreiben einander über ein ganzes Jahr hinweg von kleinen Anekdoten des Alltags bis hin zu den großen Dramen des Lebens, teilen wie alte Freundinnen Freud und Leid.

Von Rehen und Hühnern
Jana und Kollrisch behalten die typischen Elemente des Mail-Romans bei, verzichten auf alles Geschnörkel außerhalb des Webs. So bleiben für den Leser aber auch die Inhalte der Telefonate und der beiden Treffen zwischen Bine und Bella verborgen. Es entstehen Handlungslücken, die auf die Dauer den Leser von den Protagonistinnen entfremden. Die Verteilung der Figuren auf zwei Autorinnen funktioniert erstaunlich gut, denn die Freundschaft der beiden 40-jährigen Frauen und ihr „Wiedersehen“ nach vielen Jahren wirkt sehr glaubhaft, sowohl in der Charakterisierung als auch in ihrem Sprachgebrauch. Bella ist die scheinbar etwas aufgeschlossenere und mutigere. Allerdings vergisst sie auch nicht, ihre beste Freundin in mindestens jeder fünften E-Mail darauf hinzuweisen, dass sie in Berlin lebt. Bine ist etwas ruhiger und lernt erst mit der Zeit aus sich herauszugehen. Als Gegenstück muss sie zunächst aber regelmäßig betonen, wie normal ihr Leben doch sei – fast schon langweilig.

Die Handlung des Romans verläuft trotz der guten Idee erstaunlich banal und einige der Schicksalsschläge wirken arg konstruiert. Bevor sich etwas Lesevergnügen einstellt, müssen einige Seiten gackernder „Bist du es wirklich?!“ überwunden werden.

Fazit
Am Ende fehlt dem Buch Schwung. Auch den großen Dramen des Lebens geht spätestens nach der Hälfte des Buches die Puste aus, bis die E-Mails schließlich nur noch so dahinplätschern. Wer Glattauers „Gut gegen Nordwind“ mochte, ist hier gut aufgehoben.

Stephanie Jana & Ursula Kollritsch, Das Jahr des Rehs
List Taschenbuch, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Das-Jahr-des-Rehs-9783548612867
Autorin der Rezension: Jasmin Beer