Rezension: Jens Steiner, Junger Mann mit unauffälliger Vergangenheit

Hauptpersonen des neuen Buches von Jens Steiner sind die beiden Philosophiestudenten Paul und Magnus. Und die beiden sind genauso, wie man sich Philosophiestudenten so vorstellt. Magnus betrachtet die Welt theoretisch und tut nicht viel. Paul wiederum betrachtet das Leben und sein Studium mit zynischer Distanz, tut ansonsten auch nicht viel, trauert seiner alten Flamme hinterher und interessiert sich für die neue Mieterin im Stockwerk über ihm. So gut, so langweilig.

Quelle: www.doerlemann.com
Quelle: www.doerlemann.com

Der Anschlag, der keiner ist
Eines Tages beschließen Paul und Magnus, beim Vortrag des Medienzars Kudelka in der Uni eine Störaktion zu starten – der Klappentext nennt es überzogen einen Anschlag. Darunter stelle ich mir als Leserin mindestens eine Bombe vor, aber bestimmt keine eingespielte Tonbandaufnahme. Danach schmeißen die beiden ihr Studium und entwickeln wirre Philosophien, denen ich als Leserin nicht mal ansatzweise folgen kann. Okay, wenige gute Ansätze gibt es, etwa wenn der Autor seinen Helden darüber philosophieren lässt, ob wir Menschen wirklich so frei sind, wie wir immer glauben. Diese Ansätze sind leider nur ein kurzes Aufleuchten, das schnell wieder verglüht. Genauso wie Magnus, der irgendwann ohne Erklärung aus der Erzählung verschwindet.

Schwache Handlung
Im Verlauf der Handlung wird Kudelka schließlich entführt und Paul wird als Entführer gesucht. Was sich nun zu einem spannenden Kriminalstück entwickeln könnte, endet leider so, wie die Philosophien von Paul und Magnus – ziemlich wirr. Plötzlich taucht ein Homunkulus auf. Nach einer Philosophie von Magnus ist dies eine kleine Gestalt, die bei jedem von uns hinter der Stirn sitzt und darüber entscheidet, was wir sehen. Eigentlich eine witzige Idee. Als Leserin vergeht mir allerdings schnell die Lust, diese Idee weiterzuspinnen, denn der Homunkulus ist eine absolut lächerliche Figur mit Zwergenbart und Rotznase, der mindestens so wirr ist wie die Geschichte, in der er auftaucht. Genauso wenig kann ich den Mann auf dem Dach ernst nehmen, der sich bei der Flucht von Paul als Sphinx geriert und wirre Geschichten über seinen Sohn erzählt, die mit der Handlung so gar nichts zu tun haben.

Fazit: Nicht empfehlenswert
Eine Leseempfehlung für dieses Buch kann ich als Leserin nicht aussprechen. Ganz offen: Es ist so ziemlich das Fürchterlichste, was ich in den letzten Jahren gelesen habe. Spätestens nach Seite 10 habe ich mich gequält. Der Geschichte fehlt ein roter Faden, der Inhalt ist ein absolutes Durcheinander und das Ende ist noch weniger sinnvoll als die Handlung an sich. Wer unterhaltsam über philosophische Fragen nachdenken will, der sollte definitiv ein andres Buch wählen. Vielleicht fehlt mir einfach nur Schweizer Humor.

Jens Steiner, Junger Mann mit unauffälliger Vergangenheit
Dörlemann Verlag AG, Zürich, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Junger-Mann-mit-unauffaelliger-Vergangen-9783038200154
Link zum Autor: http://www.jenssteiner.ch/
Autorin der Rezension: Yvonne Giebels