Verlagsperlen bei Lehmanns: Im Birnbaum Verlag einfach ein gutes Buch machen

Auf dem Podium sitzen zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Beide verbindet eine Mission: Sie wollen einfach nur „ein gutes Buch machen“. Geht das? Klar, wenn man sich ehrlich eingesteht, dass Schreiben und Verlegen allein ohne einen sicheren Brotberuf das Überleben nicht sichert.

Verleger Oliver Weidlich. Quelle: Birnbaum Verlag
Verleger Oliver Weidlich. Quelle: Birnbaum Verlag

„Erstmal muss mein Bauchgefühl stimmen.“ Verleger Oliver Weidlich weiß, wonach er neue Bücher für das Verlagsportfolio seines Birnbaum Verlages aussucht. Die meisten neuen Autoren kommen über Autorennetzwerke, dazu gibt es Sichtungen bei Lesungen, erst einer hat es mit einer konventionellen Manuskripteinsendung geschafft. Keiner der Verlagsautoren kommt aus Leipzig. Klartext: „Aus dem Deutschen Literaturinstitut war noch nichts dabei für uns.“

Weidlichs Anspruch ist zeitgenössische, junge Literatur. Wenn das Bauchgefühl nicht eindeutig ist, helfen manchmal Testleser aus der Schnitttmenge der Zielgruppe. So kommen dann Autoren wie Anette Lang zum Birnbaum Verlag, die sechs kitschfreie Kurzgeschichten zur Liebe vorlegte. Oder Konrad Fischer, der Notate aus der früheren DDR nach 40 Jahren aufarbeitete. Oder Martin Spieß, der mit einer Fluchtgeschichte nach dem Tod des Vaters einen Beitrag zur Erinnerungskultur leistet. Die Zusammenarbeit mit den Autoren von Lektorat bis Cover ist eng, auch als Erfahrung aus einer Tätigkeit Weidlichs bei einem großen Verlag vor der eigenen Gründung. Die Startauflagen sollten bei Birnbaum jeweils um 500 Exemplare liegen, legt Weidlich auf Nachfrage offen. Aber: „Je anspruchsvoller der Text, desto niedriger die Verkaufszahlen.“ Bei einem Ladenpreis von 12 Euro bliebe beim Autor etwa ein Euro hängen. Ernüchternd.

Christoph H. Winter liest. Foto: Detlef M. Plaisier
Christoph H. Winter liest. Foto: Detlef M. Plaisier

An Weidlichs Seite sitzt Christoph H. Winter, hemdsärmelig, mit einer Spur zuviel Selbstsicherheit, dennoch der Schwiegermuttertraum schlechthin, erinnernd an den jungen Simon Baker (kennen Sie nicht? The Mentalist!). Er liest Anfangspassagen aus seinem Roman „Über uns die Berge. Unter uns der See“, seine erste Lesung aus dem Buch überhaupt. Frühe Notizen entstanden schon 2010. Es habe dem Text gut getan, zu reifen: „Distanz macht rund.“ Das Publikum stellt die üblichen Fragen: Warum schreiben Sie überhaupt? Und ist der Text autobiographisch? „Ich will kein politischer Günther Grass sein“, sagt Winter. „Ich will beim Lesen eine Sogwirkung erzeugen.“ Und irritierend dürfe es auch sein.

Als Widmung schreibt er mir ins Buch „Auf ein gutes Buch!“ Erste Leseprobe am späten Abend: Ja, es gab einen Sog. Rezension folgt.

Verlagsvideo: https://vimeo.com/51666764
Christoph H. Winter, Über uns die Berge. Unter uns die See.
Anette Lang, Things that I won‘t do for love
Martin Spieß, So weit weg wie möglich
Konrad Fischer, Das diktierte Leben des Herrn F.
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