Rezension: Hannah Winkler, Fe-Male. Oder: Geschlecht spielt eine Rolle

Was passiert, wenn der eigene Körper nur eine Maske und ein Käfig zu sein scheint? Wie weit geht man, um der Gesellschaft zu beweisen, was sich hinter der Fassade befindet? Wer hat die Kraft und den Mut, um sich damit auseinanderzusetzen, wenn der Selbstzweifel wie ein Teufel auf jedermanns Arm sitzt?

Hannah Winkler, Fe-Male Cover
Quelle: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag

Hannah Winkler, eine hübsche transsexuelle Frau, beschreibt in „Fe-Male“ eindringlich ihren Weg der Verwandlung. Sie spricht davon, wie sehr sie das unnötige Teil zwischen ihren Beinen gehasst hat, weil es nie wirklich zu ihr gehörte. Seit dem sechsten Lebensjahr wusste sie schon ganz genau, dass sie sich nicht im richtigen Körper befindet. Die gesamte Umgebung zwingt sie, Familie und Schulkameraden dies zu beweisen, weil niemand der vermeintlich abnormalen Erscheinung ein Recht auf unabhängige Existenz in der Gesellschaft gibt. Selbst der Vater, der sie seit dem sechsten Lebensjahr allein erzieht, kommt mit ihrer tatsächlichen Identität nicht zurecht. Die verständnisvolle und kluge Mutter lebt in Hannas Erinnerung dagegen als Schutzheilige und beste Freundin.

Kurz bevor Hannah in die Pubertät eintritt, im Alter von 13 Jahren, gerät sie nach dem Tod ihrer Mutter in eine tiefe Depression, die das Gefühl des Selbstzweifels stärkt. Dennoch entscheidet sich das Mädchen, den schwierigen Weg zu gehen. Für Hannes, den Vater des transsexuellen jungen Mädchens, ist die Situation unvorstellbar schwer. Er kann die besondere Sexualität seiner Tochter nicht begreifen. Schnell überlässt er die Sorge für Hannah den Ämtern. Das deutsche Jugendamt schickt das Mädchen nach Perugia in Italien zu einer Pflegefamilie. Es kommt zum ersten selbstdestruktiven Impuls bei dem noch sehr jungen und emotionalen Mädchen. Der hilflose Versuch, “die verhaltensauffällige Jugendliche zurück ins normale Leben zu führen”, endet mit einer Flucht in die grünen Wiesen eines dem Mädchen unbekannten Landes. Getrieben von Angst geht Hannah weiter ihren Weg. Sie begegnet Menschen, die sie zum weiteren Kampf ermutigen, und anderen, die ihre langsam sich ausbreitenden Flügel wieder abschneiden.

Hannah bleibt Siegerin. Schließlich beteiligt sich der Staat an den Kosten ihrer Geschlechtsumwandlung. In der Tagesklinik, in der Schule und bei der Therapie begegnen ihr Menschen, die ihr Schicksal teilen und verstehen. Von nun an wird Angst nicht mehr ihre Motivation sein. Treibende Kraft ist jetzt die Vorfreude und die Zustimmung ihrer guten Freundinnen, die den Ekel der Gleichaltrigen und die schmerzhafte Abneigung der jungen Männer lindert. Hannah hat den Mut zu träumen und ihre Träume zu verfolgen. Nun im richtigen, ihr bestimmten Körper leben zu können und nicht mehr gefangen zu sein, gibt ihr nie gekannte Selbstsicherheit. Geschlecht spielt eine Rolle.

Hannah Winkler zeichnet in ihrem Buch ihre eigene Traumwelt nach – eine Traumwelt, die schließlich Wirklichkeit wurde und sie zu ihrem neuen, glücklichen Leben führte. Das Buch ist mit einem persönlichen Bildteil ausgestattet, der den Eindruck des Textes noch verstärkt. „Fe-Male“ ist ein außergewöhnliches autobiographisches Werk, das unterhaltsam zu lesen ist und allen Mut machen kann, die ihre wirkliche verborgene Identität suchen.

Hannah Winkler, Fe-Male – Hinein in den richtigen Körper
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 1. Auflage 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/1zr87Hs
www.hannah-winkler.de

Autorin: Jolanta Drywa