Bilanz der 1. Internationalen Autorenmesse in Frankfurt/M am 4. Juni 2016: Hohe Fachkompetenz, organisatorisch Luft nach oben

Quelle: Hermann Scherer

Manche Dinge brauchen zeitlichen Abstand für eine Beurteilung. Blogger haben diese Freiheit. Das gilt auch für die 1. Internationale Autorenmesse in Frankfurt, organisiert vom Team der Academy rund um Top-Speaker Hermann Scherer. Ich mag es nicht, emotional aufgeladene Beschimpfungen noch am Abend der Veranstaltung online zu verbreiten. Dies wird einer Premiere wie dieser nicht gerecht, selbst wenn es Kritikpunkte geben sollte.

Was musste ich da alles im Netz lesen:

„Dilemma“
„Zeitverschwendung“
„totaler Reinfall“
„Oberfail“
„wie ein Sommerfest von der Schule, bei der die Eltern Kuchen verkauften“
„absolut überteuert“
„fastasievolle Preispolitik“
„internationale autorenmesse in ffm und kein einziger aussteller zum thema inklusion?“

Ich glaube, da muss in klaren Worten einiges geordnet werden:

  • Du findest, die Autorenmesse war nicht gut ausgeschildert? Klar, wer übergewichtig keuchend einen Rucksack über den Campus schleppt und dabei mit Bloggerkolleginnen kichernd über die letzte Leserunde bei lovelybooks plaudert, kann schon leicht die deutlichen Hinweisschilder übersehen.
  • Du findest, die Räume waren zu spärlich ausgestattet? Leute, das ist eine Uni, keine plüschige Komfortzone!
  • Du findest, die kleinen Ausstellertische erinnern an einen Provinzflohmarkt? Jedem Aussteller war die Präsentation selbst überlassen. Ich hatte einige Interviews mit Ausstellern geplant. Ich musste das Vorhaben aufgeben: Vor vielen Tischen bildeten sich lange Schlangen mit wissbegierigen Besuchern. Ich kam nicht durch. Und da meckerst du noch über Präsentation?

In den Tagen nach der Messe habe ich mit einigen Besuchern gesprochen.

Jaqueline Mercedes (in wenigen Tagen 23) schreibt romantische Fantasy. Sie mag Buchmessen, und so waren die Erwartungen an die Autorenmesse hoch. Vor Ort die Ernüchterung: „Ich hatte mir mehr Stände mit Informationen versprochen, etwa zu Print on Demand. Alles wirkte ein wenig wie eine Schulveranstaltung auf mich. Schnell merkte ich, dass die Autorenmesse mehr auf Vorträge ausgelegt war. Ich selbst bin kein Mensch,  der sich Vorträge in Ruhe anhören kann, ich stöbere viel lieber und schaue mir Dinge direkt an. Ich hatte in der kurzen Zeit auf der Autorenmesse immer die Leipziger oder Frankfurter Buchmesse im Kopf, und natürlich zog ich Vergleiche. Außerdem bekam ich das Gefühl, dass die Autorenmesse eher daraus ausgelegt war, Autoren zu einem Verlag zu führen. Ich als Indie Autorin fühlte mich fehl am Platz und unerwünscht. Ich würde im kommenden Jahr nicht noch einmal teilnehmen.“

Susanne Friedrich hatte wie ich am Buchcontest teilgenommen und mich mit ihrem biografischen Russland-Text „Notizen in der Kälte“ begeistert. Sie stellt der Autorenmesse durchweg eine gute Note aus: „Die Qualität der Sprecher, die ich erlebt habe, war sehr hochwertig; Hermann Scherer und Karen Christine Angermayer vom Sorriso Verlag, um nur zwei zu nennen. Aus jedem Vortrag habe ich Dinge für mich mitnehmen können. Mit Karen Christine Angermayer hatte ich schon ein Online Seminar gemacht und kann ihre Kursangebote jedem vorbehaltlos empfehlen. Gut fand ich, dass so viel Wissensangebot in einem Gebäude über mehrere Etagen verteilt war. Man musste also nicht von einer Messehalle in die andere pilgern. Die zwei persönlichen Gespräche an Ständen, die ich vor der Messe ausgesucht hatte, waren sehr konstruktiv. Der Buchcontest hat mir die Möglichkeit gegeben, die Arbeit anderer Autoren live mitzuerleben – eine tolle Erfahrung. Ich hoffe, diese Messe setzt sich fort. Beim Scherer Team kann man davon ausgehen, dass Kritikpunkte verbessert werden.“

Petra Lupp ist Gründerin und Inhaberin des Online-Portals Lebensdomizile weltweit, wo sie eigene Reisereportagen veröffentlicht. Bisher gibt es einen veröffentlichten Reiseführer, „und da stellt sich schon die Frage, was mich als Self Publisher erwartet, wenn ich für meine Inhalte mal keinen Verlag finde.“ Petra Lupp war über den Besucherandrang bei einer Messepremiere überrascht: „Vor allem gab es keine einheitliche Zielgruppe. Von der grauen Maus bis zum Pfau war alles vertreten, die Männer allerdings klar in der Unterzahl. Gut fand ich die Ehrlichkeit der Referenten: Nicht  immer, wenn ein Manuskript abgelehnt wird, liegt es am Talent des Autoren, sondern oft an den Geschäftsinteressen des Verlages. Und: Der Verlag wartet nicht ausgerechnet auf dich als Autoren. Das hat dann doch so manchen Einsteiger auf den Boden der Tatsachen geholt.“ Die Kombination der Standpräsentation mit einem Vortrag bewertet Petra Lupp als positiv: „Allerdings brauchte man bei dem großen Angebot Mut zur Lücke. Da habe ich es vorgezogen, auf einige Vorträge zu verzichten und direkt das Gespräch mit dem Referenten zu suchen.“

„Ich hatte auf Insider gehofft, die mehr vermitteln als die Schreibtipps aus Foren und Blogs im Netz“, meint Autorin Sabi Lianne rückblickend. „Das hat sich fast gar nicht erfüllt. Mehr als Basics wurden nicht vermittelt, und die Veranstaltungen gingen bis auf wenige Ausnahmen für mich an der Zielgruppe vorbei. Bei den Ausstellern war ich in zehn Minuten durch. Und ich habe mich riesig geärgert, dass ich den vollen Eintrittspreis gezahlt habe plus Anfahrt und Übernachtung.“ Und was könnte man besser machen bei einer Wiederholung? „Erstens: Personen ranholen, die schreiben können und das auch rüberbringen. Mein Tipp: Mal in den Schreibratgeber von Stephen King reinsehen. Zweitens: Bei Vorträgen eindeutig klarmachen, wer die Zielgruppe ist. Drittens: Zwei Tage Messedauer wären kommunikativer. Und bitte eine bessere Homepage!“

„44 Euro war als Eintritt extrem happig, und deswegen hatte ich auch eine größere Messe erwartet. Und wo war überhaupt das Internationale?“, meint Tatjana Scegelskis, bei Bloggern bekannt als der „Bücherfuchs„. Sie ist als Pressesprecherin wortgewandt, schreibt an ihrer ersten Fantasy-Trilogie und weiß noch nicht, ob sie in einem Verlag veröffentlichen möchte oder als Self Publisher an den Markt geht. „Als Neuling in der Autorenwelt konnte ich viel für mich mitnehmen. Aber ich glaube, für alle, die sich mit dem Beruf Autor schon beschäftigt haben und seit Jahren recherchieren, war die Messe eher ein Flop.“ Wird sie wiederkommen? „Mal sehen. Ich werde es entscheiden, wenn ich das Programm und die Aussteller gesehen habe.“

Mein persönliches Fazit

1. Ich beschreite seit dem letzten Jahr einen Weg vom Journalisten zum Autor. Mein erstes Buch befindet sich gerade im Verlagslektorat. So war ich nach Frankfurt gereist, um über die Autorenmesse zu schreiben und gleichzeitig mein Autorenhandwerk zu vervollkommnen. Ich habe beides erreicht: Ich danke wundervollen positiven Menschen, die mich ermutigt haben und mir Fragen stellten, deren Antworten mir Klarheit geben werden über den weiteren Weg. Mein besonderer Dank geht an Karen Christine Angermeyer vom Sorriso Verlag. Ihr Buch „Bist du bereit für Dein Buch und das Abenteuer Autor sein?“ werde ich hier demnächst rezensieren.
2. Ja, über die Qualität der Seminare und Lesungen kann man sicher diskutieren. Kein Mensch braucht einen Selbstdarsteller wie Veit Etzold, der das angekündigte Thema komplett ignorierte, oder kühle Technokraten ohne Leseseele wie Wolfgang Hohlbein. Aber jeder Autor, Blogger, Textjongleur braucht Menschen wie Textehexe Susanne Pavlovic, die motivieren und ihre ganze Persönlichkeit einbringen.
3. Ja, es macht einen Unterschied, ob eine Autorenmesse von einem Player des Literaturmarktes oder von einem kommerziellen Anbieter organisiert wird. Aber ist das ein Nachteil? Zugegeben, es hat kräftig gerumpelt. Vor allem die willkürliche Preispolitik mit Rabattaktionen für Sonne, Muttertag und Cosplayer hat viele potentielle Besucher verschreckt und Vollzahler verärgert. Das muss sich ändern, ebenso wie das überhebliche Fazit in der Bilanz-Pressemitteilung, die Autorenmesse werde „vielleicht bald die Nischen füllen, die die Frankfurter Buchmesse auf dem Literaturmarkt hinterlässt.“ Dennoch: Jeder hat eine zweite Chance verdient. Über tausend Besucher zeigen klar: Es gibt Bedarf für ein neues Format.
4. Ja, ich komme wieder. Auch für zwei Tage.

Für alle, die Einzelkritiken nachlesen möchten, hier eine Auswahl:

http://www.deutschlandradiokultur.de/internationale-autorenmesse-wenn-man-sich-zum.1270.de.html?dram:article_id=356281
https://zysiscars.wordpress.com/2016/06/10/internationale-autorenmesse-2016/
http://sabi-writing-whatever.com/2016/06/05/mein-tag-auf-der-1-internationalen-autorenmesse-in-frankfurt/
https://derbuecherfuchs.com/category/der-bucherfuchs-on-tour/
http://federspuren.blogspot.de/2016/06/1-internationale-autorenmesse-oder.html
https://feuerblut.wordpress.com/2016/06/04/1-internationale-autorenmesse-in-frankfurt-am-main/
http://jessis-krimskrams.blogspot.de/2016/06/die-1-internationale-autorenmesse-oder.html
https://feuerblut.wordpress.com/2016/06/04/1-internationale-autorenmesse-in-frankfurt-am-main/

Notwendiger Hinweis: Alle Rechte der Autorenfotos liegen bei den Autoren.

Buchcontest in Frankfurt: Ein Sieger und viele Gewinner

Die 1. Internationale Autorenmesse ist Geschichte. Ich habe viele wunderbar positive Menschen getroffen, viele Gespräche geführt und fühle mich bestärkt, meinen Weg vom Journalisten zum Autor fortzusetzen. Den Buchcontest konnte ich nicht gewinnen, wurde aber von einem Jurymitglied als persönlicher Sieger gekürt und mit einem Buchpreis bedacht. Der Kreis schließt sich: Es ist genau dieses Buch, das mir die richtigen Fragen stellt, um mein Handwerk zu verbessern und erfolgreich zu werden.

Danke an Karen Christine Angermeyer vom sorriso Verlag und an Hermann Scherer für die Fotos vom Buchcontest.

 

1. Internationale Autorenmesse in Frankfurt/M am 4. Juni 2016 (III): Zusage für den Buchcontest!

„Herzlichen Glückwunsch! Sie gehören zu den 12 Auserwählten des Buchcontests im Rahmen der 1. Internationalen Autorenmesse in Frankfurt.“

Ich freue mich sehr. 50 Bewerbungen waren eingegangen. Dann werde ich also die Biographie „Bubis Kinnertied“ vor einer Jury und dem Publikum vorstellen. Juroren sind unter anderem Karen-Christine Angermayer (Sorriso Verlag), Oliver Buslau (Textart Magazin), Gesa Hille (Textmanufaktur) und Susanne Pavlovic (Textehexe) – hochkarätig, eine absolute Fachjury.

Zeitbeschränkung: Exakt fünf Minuten, ähnlich einem Elevator Pitch. Da heißt es gut auswählen. Ich bin als erster der Vortragenden dran. Ein Nachteil? Im Gegenteil: Ich habe die Möglichkeit, die Meßlatte vorzugeben…. Aber Daumen drücken hilft trotzdem!