„Jugend rettet“: Seenotmission im Mittelmeer. Warum Humanismus den rechten Hass besiegt

Ehrenamtliches Engagement hat viele Ausprägungen. Eine der waghalsigsten ist es,  über eine Crowdfunding-Kampagne einen umgebauten Fischkutter zu kaufen und sich mit dem auf „Iuventa“ (lateinisch für Jugend) getauften Schiff auf eine Mission zur Seenotrettung ins Mittelmeer zu begeben; so geschehen im Herbst 2015 durch die Berliner Initiative „Jugend rettet“ als Reaktion auf den Tod von mehr als 800 Flüchlingen durch ein Bootsunglück im Mittelmeer (ja, der Begriff „Flüchtlingskrise“ ist legitim, wenn man ihn über den eigenen Tellerrand hinaus in einen größeren Kontext stellt).

Viele der jungen Aktivisten von „Jugend rettet“ hatten noch nie zuvor ein Fernglas in der Hand, ihre Erste Hilfe-Kenntnisse waren nur rudimentär vorhanden. Eines der wenigen Besatzungsmitglieder mit einsatzrelevanten Vorkenntnissen war der nautische Offizier Jonas Buja, Absolvent der Leeraner Seefahrtsschule. Er fuhr in knapp zwei Jahren fünf Einsätze auf der „Iuventa“ mit, davon dreimal als Erster Offizier, zweimal als Kapitän. Heute tourt Jonas Buja mit dem Dokumentarfilm „Iuventa“ durch die Republik und berichtet eindrucksvoll vom Leben an Bord, aber auch vom erzwungenen politischen Scheitern der Mission. In Leer war er in den „Leeraner Gesprächen“ zu Gast, an seiner Seite Ulf Thiele, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag.

Auf Thieles Facebook-Profil hatten Kommentatoren im Vorfeld gefordert, man möge die jungen Aktivisten mitsamt den Geretteten „torpedieren“. Ein Anhänger dieser Denkweise gab sich dann auch im Publikum zu erkennen, beschuldigte die Crew-Mitglieder als „kriminelle Schlepper“, die dem Menschenhandel Vorschub leisteten. Schlißlich hätten die Menschen in den Booten ihre Lage selbst verschuldet, sie seien somit keine Flüchtlinge und ihre Lage sei nicht mit Seenot gleichzusetzen. Auf dem Flur legte er noch nach: Die „Männer auf Afrika“ würden uns bald „allen die Kehle durchschneiden“.

Voller Geldkoffer – full money bag

Die Antwort aus dem Publikum war eindeutig. Ulf Thiele gab dem eine Stimme: „Schlepper sind allein die, die Leben gefährden und daran verdienen.“ Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass selbst mit ehrenamtlicher Seenotrettung „nur ein Symptom“ bekämpft werde, man müsse das „staatliche Versagen “ hier deutlich benennen.  Und jeder, der laut auftrumpfe, solle sich darüber klar sein, dass globale Entwicklungspolitik eben nicht allein „mit prall gefüllten Geldkoffern“ zu managen sei.

Ich bin nun sicher nicht als Anhänger der Christdemokraten bekannt. Was ich schätze, ist ein demokratischer Diskurs in gegenseitigem Respekt. Und da habe ich mich bei den „Leeraner Gesprächen“ mit Ulf Thiele unter einer klaren Mehrheit von CDU-Mitgliedern bestens aufgehoben gefühlt. Es tut gut, sich unter Menschen zu wissen, vor denen ich mein christlich-humanistisches Grundverständnis nicht rechtfertigen muss. Danke! Und genau dieses stille Einverständnis macht mich zuversichtlich, dass der rechte Hass auf Dauer nur eine hässliche Fußnote bleiben und es immer wieder Menschen wie Jonas Buja geben wird, die verantwortlich handeln aus dem Herzen heraus.

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Fotocredit: © Cesar Dezfuli; Jugend rettet; Fotolia / Bildagentur-o