Rezension: Ransom Riggs, Die Bibliothek der besonderen Kinder (Band III der Trilogie der besonderen Kinder). Leider suboptimal.

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Worum geht es in diesem dritten, und bisher finalen Band der „besonderen Kinder“? Mit knapper Not entkommen Jacob, Emma und Addison in der Londoner U-Bahn den Wights. Sie machen sich auf die Suche nach ihren entführten Freunden und landen mit der Hilfe des zwielichtigen Sharon in der Zeitschleife Devils Acre. Dort treffen sie auf helfende Hände, aber auch auf viele zwielichtige Gestalten. Jacob entwickelt seine Fähigkeit, Hollowgasts zu kontrollieren. Die Wights, ihre Gegenspieler, sind unter der Führung von Caul weiter auf der Suche nach der so genannten Bibliothek der Seelen, um die endgültige Macht über Besonderen-Welt zu erlangen. Es kommt zum Showdown.

Der Aufbau des Buches ist aus meiner Sicht suboptimal. Fast bis zur Hälfte jagen Jacob, Emma und Addison hinter ihren Freunden her. Und jagen und jagen… Dabei erscheinen die Gefahren, denen sie begegnen, durchgängig „lauwarm“, um es einmal so auszudrücken. Echte Spannung entsteht nur ansatzweise und verpufft immer wieder. Ein Wendepunkt tritt durch das Treffen mit Bentham, dem Bruder Cauls und Miss Peregrine ein. Hier und in den folgenden Abschnitten baut sich zum ersten Mal so etwas wie ein roter Faden auf, eine Perspektive dessen, was Jacob und seine Freunde überhaupt vorhaben – abgesehen vom blinden Hinterherjagen. Ich will nicht zu viel des Inhalts verraten, jedenfalls kommt es zum erwarteten Showdown, der jedoch auch eher mäßig spannend daherkommt und noch dazu in zwei Etappen stattfindet. Eine ganze Reihe von Punkten der Lösung erscheint mir wenig logisch bzw. nicht konsistent zur Gesamtgeschichte. Zusätzlich bemüht der Autor für meinen Geschmack zu sehr den Zufall und das Glück. Nach dem Showdown klappert dann noch eine Restgeschichte um Jacob und Emma hinterher, die durch künstliche, unlogische Hindernisse unnötig in die Länge gezogen wird.

Manche mögen es als unfair empfinden, aber ich habe die „besonderen Kinder“ während des Lesens häufig mit anderen „magischen“ Büchern verglichen. Die Parallelexistenz einer normalen und einer magischen Welt glaubwürdig darzustellen, darf wohl als besondere Herausforderung bezeichnet werden. Riggs‘ Vorgehensweise hierzu konnte mich nicht überzeugen. Aus meiner Sicht unnötig oft werden Verweise auf unsere normale Welt in den Text aufgenommen, die den Leser aus der Stimmung herausreißen. Wenn aktuelle Schauspieler oder Musikgruppen o.ä. angesprochen werden, während ich mich gedanklich in der „magischen“ Welt befinde, stört das nur den Lesefluss. Man kann an den Harry-Potter-Romanen oder auch der Bartimäus-Reihe von Strout sehr gut sehen, wie so etwas besser geht. Vielleicht bin ich in diesem Punkt zu penibel, aber es hat mich gestört.

Das Buch ist sehr reichhaltig mit alten Schwarz-Weiß-Fotos ausgestattet. Auf diese Bilder wird in der Geschichte durchgängig Bezug genommen, sie dienen sozusagen der Illustration. Allerdings handelt es sich um echte Aufnahmen aus der Jahrhundertwende. Und hier habe ich nun ein Problem. Sich als Autor durch Bilder inspirieren zu lassen, ist üblich und legitim. Die Bilder mit ins Buch zu nehmen, empfand ich als unangemessen. Durchgängig konnte ich den Gedanken nicht verdrängen, dass der Autor sich selbst nicht die Mühe gemacht hat, Handlung zu erschaffen, sondern im Grunde nur den Inhalt der Bilder „nacherzählt“. Ich fühlte mich um die Eigenleistung des Autors betrogen. Zumal die Personen auf den Bildern, in den weit überwiegenden Fällen, überhaupt keine Rolle im Buch spielten (oder maximal unwichtige Randrollen) und letztlich so das Buch nur aufblähten.

Zusammenfassend kann ich maximal drei Sterne von fünf vergeben. Diese drei Sterne vergebe ich für die gute Grundidee und die spannenden Stellen des zweiten Teils des Buches. Sollte es einen weiteren Band dieser Reihe geben, würde ich ihn mit ziemlicher Sicherheit nicht kaufen.

Ransom Riggs, Die Bibliothek der besonderen Kinder
Knaur TB, 2016
Interview mit dem Autor: https://www.droemer-knaur.de/leselounge/7775706/

Danke für die Leseeindrücke an Dr. Jürgen Albers

Rezension: Iny Lorentz, Die Ketzerbraut

Der Roman spielt im München des 16. Jahrhunderts. Die Protagonistin ist Genoveva, genannt Veva Leibert. Sie ist die Tochter eines angesehenen Münchener Kaufmanns und zu Beginn der Handlung auf dem Weg nach Tirol, um dort den Sohn eines Handelspartners ihres Vaters zu heiraten. Doch sie und ihr Zwillingsbruder Bartl werden überfallen, dabei wird Bartl getötet und Veva von den Räubern entführt. Benedikt Haselegner schafft es, sie zu befreien und nach München zurück zu bringen, aber dort glaubt ihr niemand, dass die Räuber sie nicht missbrauchten.

Nun hat sie auf dem Heiratsmarkt an Wert verloren, doch ihr Vater arrangiert eine Ehe mit Ernst Rickinger, der als Weiberheld und Kirchengegner gilt. Veva hält nicht viel von ihm, muss sich aber fügen. Im Laufe der Zeit findet das ungleiche Paar zueinander, aber ihr Glück wird ihnen nicht gegönnt. Der Geistliche Portikus spinnt bereits Intrigen gegen Ernst, da dieser damals Pater Remigius demütigte. Außerdem kann sich Haselegner nicht damit abfinden, dass Veva einen anderen heiratete, da er sie selbst ehelichen möchte.

Quelle: Droemer Knaur
Quelle: Droemer Knaur

Der Roman ist in einer einfachen und gut verständlichen Sprache geschrieben. Es werden einige Begriffe verwendet, die heutzutage nicht mehr geläufig sind, doch diese werden im Glossar erklärt, sodass keine Verständnisschwierigkeiten auftreten. Außerdem sprechen einige Figuren bayrischen Dialekt und dies lässt den Roman schon in Bezug auf die Sprache realistisch wirken. Alles in allem begleitet und unterstützt die sprachliche Gestaltung den Inhalt gut.

Die Handlung ist schlüssig und gut verständlich. Es besteht zwar die Gefahr, mit einigen Namen durcheinander zu kommen, doch dafür hat man ein Personenverzeichnis.

Die Figurengestaltung ist gut gelungen, denn man kann sich gut in die Protagonisten hineinfühlen. Mit einigen Charakteren sympathisiert man sofort, z.B. mit Veva, die versucht, sich in einer männerdominierten Gesellschaft zurechtzufinden. Einige jedoch sind dem Leser auf Anhieb unsympathisch, z.B. Portikus. Mit Ernst wird der Leser erst mit der Zeit warm, sodass man die Entwicklung seiner Beziehung zu Veva gut nachvollziehen kann.

Fazit:

Es gibt nicht viel zu bemängeln, aber ein paar Kritikpunkte können gefunden werden.

Die Handlung und die Figurengestaltung sind in meinen Augen ein wenig zu klassisch, denn starke Frauen und arrangierte Ehen sind oft Themen in historischen Romanen, vor allem bei Iny Lorentz. Trotzdem ist der Roman nicht typisch romantisch, sondern an vielen Stellen spannend.

Ich würde es für all jene empfehlen, die starke Frauenfiguren, aber keinen Kitsch mögen. Ich selbst habe es mit Freude gelesen.

Iny Lorentz, Die Ketzerbraut. Knaur Taschenbuch Verlag

Autorin: Valerie Jülichmann