Überfällig: Die Leipziger Buchmesse öffnet sich für Blogger

Buchblogger wissen es längst: Auf der Frankfurter Buchmesse werden Blogger und Journalisten gleichberechtigt behandelt.  Sie können sich unkompliziert online akkreditieren und das Ticket nach Prüfung durch das Social Media Team und Freischaltung online abrufen. Akkreditierte Blogger erhalten Zugang zum Pressebereich und können dort ungestört arbeiten. Gut, wenn der Social Media Manager der Buchmesse selbst engagierter Blogger ist und twittert.

Auch die interne Organisation der Frankfurter Buchmesse begünstigt Blogger: Der Social Media Bereich ist in die Kommunikationsabteilung integriert, das Blog der Frankfurter Buchmesse wird kontinuierlich auch außerhalb der Messetage gepflegt. Engagiere Blogger wissen das zu schätzen. So trafen sich 2014 während der Buchmesse unter anderem die Iron Buchblogger sowie Leser und Blogger von LovelyBooks.

Jetzt zieht die Leipziger Buchmesse mit dem Format buchmesse:blogger nach. Erstmals sind Blogger aufgerufen, den Preis der Leipziger Buchmesse zu begleiten. Ausgewählte Literatur- und Buchblogger erhalten die Chance, ein nominiertes Werk vor Preisvergabe zu rezensieren und die Rezension auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Blogger können sich zwischen dem 13. Januar und dem 9. Februar bewerben.

DruckEine fünfköpfige Fachjury wählt 15 Blogger aus und teilt die nominierten Werke zu. Die Rezension muss bis zum 7. März erfolgen und wird auf der Webseite des Preises der Leipziger Buchmesse sowie auf Facebook und Twitter veröffentlicht. Neben dem persönlichen Rezensionsexemplar und einem Tagesticket für die Leipziger Buchmesse erhalten die Bloggerpaten unter anderem die Möglichkeit auf die begehrten Tickets zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse im Gewandhaus und eine persönliche Einladung zur Preisverleihung auf dem Leipziger Messegelände. Jeder Besucher mit einer gültigen Blogger-Akkreditierung erhält außerdem Zugang zur Bloggerlounge in Halle 5. Vertreter der Branche stehen dort zu Fachgesprächen bereit und geben wertvolle Tipps für den Bloggeralltag. Einfacher und gewinnbringender kann Blogger-Networking kaum sein.

Das Bewerbungsformular als Bloggerpate kann unter www.leipziger-buchmesse.de/bloggerpaten geladen werden. 

Frankfurter Buchmesse: Wie wirklich ist Literatur? Das Guerillakonzept von iWright und seine Folgen

Rezensieren ist so einfach: Lesen. Wirken lassen. Strukturieren und schreiben. Bis jemand kommt, der diesen Ablauf in Frage stellt, der mich gar zweifeln lässt, in welcher Realität ich mich befinde, ähnlich wie auf einem Holodeck. Geschafft hat dies auf der Frankfurter Buchmesse der Autor Marc Buhl. Dabei sind Titel und Story seines Buches zunächst Nebensache.

Marc Buhl liest. Foto: Detlef M. Plaisier
Marc Buhl liest. Foto: Detlef M. Plaisier

Eines ist sicher: Der Autor ist real, sitzt in Fleisch und Blut vor mir. Und auch seine angeblich bisher veröffentlichten fünf Romane, davon die letzten vier bei Eichborn, sind nachprüfbar. Für Kenner: Ich fand „Das Billardzimmer“ sehr lesenswert, auch wenn die FAZ-Kritik den Text nahe politischem Kitsch ansiedelte. Nun promotet Marc Buhl seinen Thriller „Die Auslöschung der Mary Shelley“ und hinterlässt Verwirrung. Nicht wegen des Textes, der existiert tatsächlich und ist nach Appetithappen aus den drei ersten Kapiteln auch handwerklich anständig gestrickt. Und genau da liegt der Stolperstein: Wer hat ihn geschrieben? Ins Spiel kommt eine Schreibsoftware namens iWright. Marc Buhl und sein Verleger Uwe Wilhelm vom  Berliner eBook-Startup Blink Books deuten an, die Story rund um die bekannte Frankenstein-Geschichte, angesiedelt in der Gegenwart mit NSA, dem Monster Victor und reichlich Blut, könnte maschinell erstellt worden sein. Könnte. Es bleibt der Mantel des Geheimnisses.

Anonymus? Foto Detlef M. Plaisier
Anonymus? Foto Detlef M. Plaisier

Nun gut, dann schreiben jetzt eben auch Computer schon Bücher. War ja irgendwie zu erwarten. Soll ich mich darüber aufregen? Andere tun es. Im Netz bricht ein Sturm der Entrüstung los ob des Geschäftsmodells von iWright: Aushebelung des Urheberrechts und Anstiftung zu Straftaten stehen im Raum, selbst der Tod von Literatur, Autoren und Büchern wird vorhergesagt. Eine „Sektion Buchmesse Frankfurt“ von Anonymus protestiert mit Flugblättern vor dem Stand und verfolgt Marc Buhl in den Frankfurter Straßen, so ein Facebook-Posting. Ich lese nach, wie einfach iWright Autoren zu potentiellem Erfolg verhelfen will, und stimme zu: Empörend. Ich lasse mich vereinnahmen.

Dann kommt der Virenschleuderpreis. Ich will nachlesen, wer es von der Shortlist aufs Treppchen geschafft hat. Ach, da taucht ja unter den Nominierten der Kategorie „Ansteckendste Idee“ auch iWright auf. Ganz hinten zwar, auf Platz 29 von 30 mit nur drei Stimmen, aber warum? 15 Minuten Recherche, und es ist klar:  Ich bin der Trottel. Ich bin einem genialen Konzept von Guerilla-Marketing voll auf den Leim gegangen. Glückwunsch.

Coup gelungen! Foto Detlef M. Plaisier
Coup gelungen! Foto Detlef M. Plaisier

Das Zauberwort ist „Transmedia Storytelling“. Heißt: Die Story wird über den Roman selber hinaus weiter erzählt, bevorzugt auf Social Media Kanälen wie Instagram, Twitter, WhatsApp, YouTube und anderen, auf denen junge Leser abgeholt werden können. „Hierzu benutzen wir Fake-Accounts, erfinden Figuren, Firmen und Konflikte, die im Roman angelegt sind…“. Die vermeintlich empörten Verteidiger des Urheberrechts sind genauso Teil der Guerilla-Kampagne wie iWright selbst und die Anonymus-Aktivistinnen. Auch das „Aktionsbündnis Stop iWright“ wird von Blink Books lanciert (erkennbar an den übereinstimmenden Adressen im Impressum).

„Im Zentrum steht immer die Geschichte“, betont Uwe Wilhelm.  „Unser Konzept bringt den second und third Screen in die Literatur. Es entsteht ein interaktiver Livingroom, den jeder nach seinen Vorlieben nutzen kann. “  Blink Books kündigt sechs bis acht Publikationen pro Jahr an. „Auf keinen Fall“, so Uwe Wilhelm, „wollen wir Self Publisher-Autoren unter unserem Dach sammeln.“ Mit Marc Buhl habe man einen Autor gefunden, der das Konzept unterstützt und mit entwickelt.

Cleverle: Uwe Wilhelm. Foto Detlef M. Plaisier
Cleverle: Uwe Wilhelm. Foto Detlef M. Plaisier

Wir werden Mary Shelley und Victor also sehr bald nach der Buchmesse im Netz begegnen, wo sie die Geschichte von NSA und Quantencomputer weiter erzählen und auf den dritten Band neugierig machen. Als nächste Veröffentlichungen bei Blink Books sind „Jimmy & Aladina“ von Ralph Caspers (voraussichtlich im Dezember 2014) und „Svynx“ als Coproduktion von Gerlinde Unverzagt und Uwe Wilhelm (Februar 2015) angekündigt.

Ich bin jetzt ein Stück erleichtert. Morgen schreibe ich an iWright und frage an, ob meine Familienbiographie dort umgesetzt werden kann. 50 Euro für die Basisversion mit bis zu drei Rewrites ist doch ein faires Angebot…

Was bleibt: Begegnungen auf der Frankfurter Buchmesse

Was von einer Buchmesse bleibt, sind nur selten Bücher und Präsentationen von Verlagen. Immer erzählenswert sind die Begegnungen mit Menschen: Autoren, Verleger, Besucher. In Frankfurt schien mir dies entspannter und leichter als in Leipzig. Ich traf Horst Lichter und Roger Willemsen, MC Fitti und Tim Mälzer.

Roger Willemsen auf der #fbm14. Foto Detlef M. Plaisier
Roger Willemsen auf der #fbm14. Foto Detlef M. Plaisier

Die schönste Begegnung hat Roger Willemsen in wunderbar poetischen Worten formuliert:

„Ein Mann kommt heran, ich erkenne ihn, wir sehen uns immer nur hier. Wieder öffnet er seinen Rucksack, entnimmt ihm eine in Pappe eingepackte Engadiner Nusstorte und geht schweigend davon. Er macht das seit Jahren. Er fordert nichts. Er erklärt sich nicht. Ich esse seine Torte seit Jahren, dankbar, auch für sein Schweigen.“

Frankfurter Buchmesse: „Iron Buchblogger“ spenden 400 Euro an „Reporter ohne Grenzen“

Die beiden Initiatoren auf der #fbm14. Foto Detlef M. Plaisier
Die beiden Initiatoren auf der #fbm14. Foto Detlef M. Plaisier

„Iron Buchblogger“ – das ist nichts Martialisches oder gar lebensgefährlich. Im August 2013 setzten die beiden Buchaktivisten Charlotte Reimann und Leander Wattig die Idee um, „eiserne“ Buchblogger miteinander zu vernetzen. Vorlage war das Konzept der Ironblogger, das allerdings mehr auf feuchtfröhlichen Grundfesten ruht…

Inzwischen nutzen über 180 Literaturbegeisterte aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Kalifornien das Angebot. Sie werden in ein Blogverzeichnis aufgenommen, binden das Logo auf ihrem Blog ein und treffen sich zu den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt. Weiterer Vorteil: Player am Buchmarkt erhalten so schnell einen Überblick über aktive Buchblogger und können bei Bedarf direkt zugreifen, etwa bei Rezensionsanfragen. Ich bin seit April 2014 dabei.

Die Iron Buchblogger auf der #fbm14. Foto Detlef M. Plaisier
Die Iron Buchblogger freuen sich über die tolle Spende. Foto Detlef M. Plaisier

Die wenigen Regeln für die Iron Buchblogger sind einfach: Jeder schreibt mindestens einen Blogpost pro Woche. Wer das versäumt, zahlt einen Euro in eine gemeinsame Kasse. Zu den Buchmessen wird die Kasse dann auf den Kopf gehauen – nicht so in diesem Jahr: Zur Frankfurter Buchmesse ergab der Kassensturz 200 Euro. Der Betrag wurde nicht schnöde verfeiert, sondern an „Reporter ohne Grenzen“ gespendet. Die Frankfurter Buchmesse verdoppelte den Betrag, so dass 400 Euro weitergegeben werden konnten.

Vielen Dank an die Frankfurter Buchmesse für diese großzügige Geste und die Unterstützung bei der Organisation! Die Zeit bis zur Leipziger Buchmesse 2015 ist verdammt lang. Leander Wattig kündigte an, sich um ein Barcamp-Wochenende für die Iron Buchblogger in Berlin zu bemühen. Bis dahin: Stay strong – keep on reading and blogging!

Rezensionsreihe Finnland zur Frankfurter Buchmesse 2014, Teil 1: Roope Lipasti, Ausflug mit Urne. Ein finnischer Fahrtenschreiber.

Was ist eigentlich Finnland? Manchmal endlose Öde, dann wieder jede Menge Wald, noch mehr Seen, reichlich Mücken im Sommer, viele kauzige Typen, eine zwiespältige Historie und trinkfreudige Tristesse als gelebtes Oxymoron… quasi das Russland von Skandinavien.

Die Brüder Kaurismäki lassen schön grüßen. Und Roope Lipasti gibt unseren Vorstellungen einen Wink zurück. Schwarz auf weiß, erfreulich vielseitig und ja: ausgesprochen lustig! Sein Buch „Ausflug mit Urne“ ist die Geschichte einer Reise zweier ziemlich ungleicher Brüder im fast gleichen Alter: Teemu, Anfang 40, Versicherungsmathematiker und Ich-Erzähler des Romans – und Janne, etwas jünger und von der Gesinnung her das, was man anderen Ländern als Hallodri bezeichnen würde.

Anlass der Reise ist der Tod des gemeinsamen Stiefgroßvaters Jalmari, der die beiden allerdings im Auto begleitet. Als Asche in seiner Urne. Ziel der Fahrt ist ein Kaff im Osten Finnlands namens Imatra. Dort soll das Testament des Verstorbenen eröffnet werden. Und dort wollen die Brüder die Asche auf irgendeine mehr oder weniger pietätvolle Weise loswerden. Außerdem hoffen beide auch auf ein lohnendes Erbe, denn Opa Jalmari ging in den über 90 Jahren seines Lebens zwar vielen und reichlich obskuren Tätigkeiten nach, aber reichlich Geld in den Taschen hatte er immer. Den Trip planen unsere Helden als eine Art „Sentimental Journey“ mit Stationen auf dem Lebensweg des Großvaters. Im Ergebnis rauschen sie freilich von einer Tragödie in die nächste. Die unterschiedlichen Lebensentwürfe müssen ausdiskutiert werden, Mitmenschen, Landschaften und Orte bereiten Unbehagen, das Auto macht Sperenzchen, Kneipen und Hotels sind überwiegend erschütternd – und beide werden mehrmals wacker verprügelt.

Das männliche Trauerspiel wird schließlich noch durch eine Frau erweitert: Elli. Die war einst mit Janne verheiratet, hatte danach eine Affäre mit Teemu – und taucht plötzlich während der Reise wieder auf. Erst in den Gesprächen der Brüder, dann in natura und mit einem Kind, von dem beide der Vater sein könnten. Bleibt noch das erträumte Millionenerbe, welches sich am Ende als Hirngespinst erweist. Bis auf einen geheimnisvollen Schlüssel. Was es damit auf sich hat, will ich aber hier nicht verraten.

Klingt alles nicht so nach amüsanter Lektüre? Ist es aber! Autor Lipasti betreibt in seiner Heimat den sehr populären Blog „Pihalla“ (auf Deutsch: „auf dem Hof“ – außerdem Titel eines Films aus dem Jahr 2009), in dem er den finnischen Alltag satirisch begleitet und beschreibt. Diese Sympathie für schräge Figuren und kuriose Situationen zelebriert er in seinem Roman mit einer großen Lust am pointierten Formulieren. Lakonisch, aber nie gefühllos, sensibel, aber nicht sülzig. Dazu garniert Lipasti die Handlung im richtigen Rhythmus mit Bonmots aus dem Kopf des Erzählers. Kostprobe gefällig? „Leichter Alkoholismus ist, wenn man nie vergisst, Bier in die Sauna mitzunehmen. Schwerer Alkoholismus zeigt sich, wenn man ans Bier denkt, aber die Sauna vergisst.“ Oder: „Heutzutage braucht man keine Armbanduhr, denn um Dinge zu erledigen, gibt’s nur noch einen günstigen Moment: jetzt.

Fazit: Roope Lipasti liefert mit „der Urne“ über 300 Seiten plastische und klug modellierte Unterhaltung. Keine übermäßig schwere Kost, aber definitiv ohne trivialen Nachgeschmack im Abgang. Eben sauber „gefinnischt“.

Roope Lipasti, Ausflug mit Urne
Karl Blessing Verlag, August 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/1AD5ro5

Autor: Harald Wurst | ph1.de

Die Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2014: Drei Gesetzte, drei Außenseiter

Nun stehen die sechs Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2014 fest.

„Die sechs Autorinnen und Autoren der Shortlist 2014 führen uns mit sprachlicher Brillanz ihre Figuren in all ihrer Würde vor Augen, sie erweitern dabei unseren Blick auf das Leben und unsere Gegenwart und justieren ihn neu“, so die freie Kritikerin Wiebke Porombka, Sprecherin der Jury für den Deutschen Buchpreis 2014.

Die sieben Jurymitglieder hatten seit Ausschreibungsbeginn 176 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2013 und dem 10. September 2014 erschienen sind. Die nominierten Romane (in alphabetischer Reihenfolge):

Überraschend: „Kastelau“ von Carles Lewinsky konnte sich nicht durchsetzen. Nun ist mein Favorit „Kruso“.

Die Messe, die keine sein will: Electric Book Fair ebf am 21. Juni in Berlin

Am 21. Juni 2014 findet in Berlin die Electric Book Fair ebf statt, die erste E-Book-Messe Deutschlands. Die Veranstaltung wird organisiert von einem Kuratorium und einem Beirat. Mitwirken können als Aussteller Verlage, die ausschließlich E-Books veröffentlichen, sowie klassische Verlage mit eigenen digitalen Reihen. Ausgewählte Digitalverleger aus anderen Ländern werden per Skype-Konferenz zugeschaltet. Teilnahme und Eintritt sind kostenlos. Ich sprach mit Christiane Frohmann vom gleichnamigen Verlag über Konzept und Erwartungen.

? Die ebf soll eine Ergänzung, aber auch ein bewusstes Gegengewicht zu den Messen in Leipzig und Frankfurt sein. Was denn so zu verurteilen an diesen Messen oder was kann daran verbessert werden?

! Die Bezeichnung „Messe“ ist nicht ernst gemeint. Die Electric Book Fair ist keine Messe. Wir Kuratoren verstehen sie durchaus als eine Ergänzung, allerdings eher noch als ein Anderes der klassischen Buchmessen. Insbesondere in Frankfurt steht das Digitale ja durchaus schon im Fokus, aber die Messe dort kommt nun mal vom Buch her und denkt immer das Buch mit. Genau dieses Abhängigkeitsdenken wollen wir bewusst unterbrechen, um dem E-Book seinen eigenen Raum zu geben. Es geht bei der Veranstaltung auch darum, die von der klassischen Buchkultur entlehnten Begriffe, die in der Anfangszeit des Verlegens und Lesens von E-Books wohl als Vorstellungshilfen nötig waren, jetzt aber zu Denkknebeln geworden sind, zu hinterfragen und wenn möglich auch zu ersetzen.

? Bei einer klassischen Messe gibt es Regale, Tische und die Möglichkeit, Publikationen anzufassen. Das soll wohl auf der ebf anders sein. Wie ist das geplant? Kann ich da auch lesen oder nur reden?

! Die Electric Book Fair ist eine Mischung aus Konferenz und Global Café, aus Expertenaustausch und offener Kommunikation zwischen Verlegern, Autoren und Lesern, zwischen Experten untereinander und zwischen Experten und Laien. Wir wollen barrierefrei arbeiten. Jeder soll mit jedem reden können, und es wird natürlich auch Lesegeräte geben, um E-Books ansehen und lesen zu können. Im Zentrum unserer vom Berliner Senat und der Bundeszentrale für politische Bildung geförderten Veranstaltung steht ganz klar die Literatur, konkret die in und um E-Books herum emergierenden Neuen Literaturen. Die Lesungen und Performances werden deshalb ein besonders wichtiger und wohl auch spektakulärer Teil der Electric Book Fair sein.

? Wie soll das eher alternative Konzept der ebf den „ganz normalen“ Lesern schmackhaft gemacht werden?

! Ich glaube nicht, dass es nötig ist, das Konzept erst schmackhaft zu machen. Das Interesse ist bereits jetzt sehr groß. Ich selbst veranstalte monatlich den Katersalon an der Volksbühne und weiß ganz gut, wie die Menschen, auch die Leser, in Berlin ticken. Eine Veranstaltung mit spannenden Vorträgen, nicht nur für Insider, sondern auch für interessierte Laien, mit Lesungen, Slam-Einlagen und WM-Live-Stream funktioniert hier eigentlich immer. Es kostet ja nicht einmal Eintritt. Gerade dass es nicht so kommerziell, mehr von einer Vision getragen ist, stößt offenkundig auf Sympathie. Es ist eher andersrum: Wir nutzen das bewährte Vehikel einer professionell geplanten und mit Leidenschaft durchgeführten Live-Veranstaltung, um die virtuellen E-Books und die digitale Lesekultur physisch real erleb- und erfahrbar zu machen.

? Die Anmeldefrist ist abgelaufen. Sind Sie ausgebucht? Sind bekannte Verlage darunter oder eher Selfpublisher? Und wie viele Besucher werden erwartet?

! Wir haben sehr viele Anmeldungen mit Themenvorschlägen erhalten und daraus während eines sehr intensiven Kuratoriumsmeetings unseren Programmentwurf destilliert. Self-Publisher und klassische Verlage sind auch dabei. Wir haben Themen bevorzugt, die auf anderen E-Book-Konferenzen eher zu kurz kommen, wie etwa „Piraterie“, außerdem Vorschläge, die nicht das eigene Unternehmen im Zentrum hatten. Die Einladungen sind ausgesprochen und das fertige Programm wird am 15. Mai bekanntgegeben. Ganz wichtig ist uns zu betonen, dass die vom Kuratorium ausgewählten Präsentatoren ’nur‘ eine Initialfunktion haben. Alle Anwesenden sollen reden, diskutieren und auch eigene Projekte vorstellen können – aber eben in lockerer Form, im Gespräch.

Die Electric Book Fair ist ein Modellversuch und eine Probebühne. Sie wird das sein, was am 21. Juni von allen Mitwirkenden aus ihr gemacht wird. Wir rechnen damit, dass die Veranstaltung von mehreren hundert Menschen besucht wird. Ob passionierte E-Book-Leser dafür extra nach Berlin reisen werden, ist auch für uns eine spannende Frage.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

electricbookfair.de
verlag.cfrohmann.com | facebook.com/FrohmannVerlag | katersalon.cfrohmann.com |