Die Messe, die keine sein will: Electric Book Fair ebf am 21. Juni in Berlin

Am 21. Juni 2014 findet in Berlin die Electric Book Fair ebf statt, die erste E-Book-Messe Deutschlands. Die Veranstaltung wird organisiert von einem Kuratorium und einem Beirat. Mitwirken können als Aussteller Verlage, die ausschließlich E-Books veröffentlichen, sowie klassische Verlage mit eigenen digitalen Reihen. Ausgewählte Digitalverleger aus anderen Ländern werden per Skype-Konferenz zugeschaltet. Teilnahme und Eintritt sind kostenlos. Ich sprach mit Christiane Frohmann vom gleichnamigen Verlag über Konzept und Erwartungen.

? Die ebf soll eine Ergänzung, aber auch ein bewusstes Gegengewicht zu den Messen in Leipzig und Frankfurt sein. Was denn so zu verurteilen an diesen Messen oder was kann daran verbessert werden?

! Die Bezeichnung „Messe“ ist nicht ernst gemeint. Die Electric Book Fair ist keine Messe. Wir Kuratoren verstehen sie durchaus als eine Ergänzung, allerdings eher noch als ein Anderes der klassischen Buchmessen. Insbesondere in Frankfurt steht das Digitale ja durchaus schon im Fokus, aber die Messe dort kommt nun mal vom Buch her und denkt immer das Buch mit. Genau dieses Abhängigkeitsdenken wollen wir bewusst unterbrechen, um dem E-Book seinen eigenen Raum zu geben. Es geht bei der Veranstaltung auch darum, die von der klassischen Buchkultur entlehnten Begriffe, die in der Anfangszeit des Verlegens und Lesens von E-Books wohl als Vorstellungshilfen nötig waren, jetzt aber zu Denkknebeln geworden sind, zu hinterfragen und wenn möglich auch zu ersetzen.

? Bei einer klassischen Messe gibt es Regale, Tische und die Möglichkeit, Publikationen anzufassen. Das soll wohl auf der ebf anders sein. Wie ist das geplant? Kann ich da auch lesen oder nur reden?

! Die Electric Book Fair ist eine Mischung aus Konferenz und Global Café, aus Expertenaustausch und offener Kommunikation zwischen Verlegern, Autoren und Lesern, zwischen Experten untereinander und zwischen Experten und Laien. Wir wollen barrierefrei arbeiten. Jeder soll mit jedem reden können, und es wird natürlich auch Lesegeräte geben, um E-Books ansehen und lesen zu können. Im Zentrum unserer vom Berliner Senat und der Bundeszentrale für politische Bildung geförderten Veranstaltung steht ganz klar die Literatur, konkret die in und um E-Books herum emergierenden Neuen Literaturen. Die Lesungen und Performances werden deshalb ein besonders wichtiger und wohl auch spektakulärer Teil der Electric Book Fair sein.

? Wie soll das eher alternative Konzept der ebf den „ganz normalen“ Lesern schmackhaft gemacht werden?

! Ich glaube nicht, dass es nötig ist, das Konzept erst schmackhaft zu machen. Das Interesse ist bereits jetzt sehr groß. Ich selbst veranstalte monatlich den Katersalon an der Volksbühne und weiß ganz gut, wie die Menschen, auch die Leser, in Berlin ticken. Eine Veranstaltung mit spannenden Vorträgen, nicht nur für Insider, sondern auch für interessierte Laien, mit Lesungen, Slam-Einlagen und WM-Live-Stream funktioniert hier eigentlich immer. Es kostet ja nicht einmal Eintritt. Gerade dass es nicht so kommerziell, mehr von einer Vision getragen ist, stößt offenkundig auf Sympathie. Es ist eher andersrum: Wir nutzen das bewährte Vehikel einer professionell geplanten und mit Leidenschaft durchgeführten Live-Veranstaltung, um die virtuellen E-Books und die digitale Lesekultur physisch real erleb- und erfahrbar zu machen.

? Die Anmeldefrist ist abgelaufen. Sind Sie ausgebucht? Sind bekannte Verlage darunter oder eher Selfpublisher? Und wie viele Besucher werden erwartet?

! Wir haben sehr viele Anmeldungen mit Themenvorschlägen erhalten und daraus während eines sehr intensiven Kuratoriumsmeetings unseren Programmentwurf destilliert. Self-Publisher und klassische Verlage sind auch dabei. Wir haben Themen bevorzugt, die auf anderen E-Book-Konferenzen eher zu kurz kommen, wie etwa „Piraterie“, außerdem Vorschläge, die nicht das eigene Unternehmen im Zentrum hatten. Die Einladungen sind ausgesprochen und das fertige Programm wird am 15. Mai bekanntgegeben. Ganz wichtig ist uns zu betonen, dass die vom Kuratorium ausgewählten Präsentatoren ’nur‘ eine Initialfunktion haben. Alle Anwesenden sollen reden, diskutieren und auch eigene Projekte vorstellen können – aber eben in lockerer Form, im Gespräch.

Die Electric Book Fair ist ein Modellversuch und eine Probebühne. Sie wird das sein, was am 21. Juni von allen Mitwirkenden aus ihr gemacht wird. Wir rechnen damit, dass die Veranstaltung von mehreren hundert Menschen besucht wird. Ob passionierte E-Book-Leser dafür extra nach Berlin reisen werden, ist auch für uns eine spannende Frage.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

electricbookfair.de
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