Hat es zwischen euch gefunkt? / Eine Bilanz des Meet & Greet auf der Leipziger Buchmesse 2017

Gibt es noch die Liebe auf den ersten Blick? Zumindest versprechen viele Speed-Datings gute Chancen auf das perfekte Date. Eine Plattform der ganzen anderen Art bietet seit einigen Jahren die Leipziger Buchmesse. Dort treffen jedoch nicht einsame Singles aufeinander, sondern junge Autoren und Verleger. Kann es auch auf dem Büchermarkt das perfekte Match geben?

Wenn am Sonntag, dem letzten Tag der Leipziger Buchmesse, einige Besucher schon die Heimreise antreten, fiebern andere im Congress Center Leipzig (CCL) noch einem ganz besonderen Speed-Dating entgegen. Dabei geht es nicht um die große Liebe einen schnellen Flirt. Vielmehr sollen bei der mittlerweile dritten Auflage des „Meet & Greet“ zwischen Autor und Verleger die Funken sprühen. Die Veranstaltung wird seit 2015 vom Bundesverband junger Autoren und Autorinnen e.V. (BVjA) organisiert. Die Interessenvertretung ist im 30. Jahr ihres Bestehens stolz darauf, dass sich die Idee des „Meet & Greet“ zu einem festen Bestandteil im Angebot der Leipziger Buchmesse geworden ist.

Mehr als 80 Teilnehmer hatten sich dieses Jahr für die Veranstaltung angemeldet, dem standen 15 Verlage gegenüber. Neben großen Häusern wie Ullstein befanden sich auch eBook-Publisher unter den Verlegern. In der lesenden Öffentlichkeit werden häufig nur gedruckte Bücher als „richtige Bücher“ bewertet. EBooks gelten dagegen eher als „Sammelbecken für den Rest“, um es diplomatisch auszudrücken. Stimmt dieses Vorurteil wirklich?

„Man darf das eBook nicht als Konkurrenz zum Print sehen. Gedruckte Bücher haben weiterhin Potenzial und werden bestehen bleiben“, erklärt Ruth Atkins von der Neukirchener Verlagsgesellschaft, die auch am Meet & Greet teilnimmt. „Entscheidend ist die Message des Buches: Wen möchte der Autor erreichen? Besonders schön illustrierte Skripte mit Bildern oder innovativer Aufmachung und Gestaltung, die man Freunden zum Geburtstag schenkt, zwängen sich im Print nahezu auf, weil es unglaublich schön ist, darin zu schmökern. Andere Bücher wie Ratgeber oder informative Literatur, beispielsweise technische Sachbücher, wollen viele junge Leute auf ihrem Smartphone haben, um es rasch und mobil abrufen zu können. Aber es gibt auch viele Romane, die man gerne digital mit sich herumträgt. Printbücher stellen daher vor allem eine physische Komponente dar.“

Immerhin wird schon rund ein Drittel aller Bücher für den Bildschirm und nicht für die Druckerpresse konzipiert. Ob digital oder Print, dem Initiatoren des BVjA war es vorrangig wichtig, nur seriöse Anbieter zur Veranstaltung zuzulassen. „Sogenannte Druckkostenzuschussverlage haben keine Chance auf eine Beteiligung“, versicherte Rechtsanwalt Tobias Kiwitt, Vorstandssprecher des BVjA. „Schließlich begleiten wir die Autoren auch nach Abschluss eines Vertrages, um sie bei der Ausgestaltung ihrer Konditionen zu unterstützen. Bisher verlief alles reibungslos; nur bei einem Verlag mussten wir mal im Vertrag etwas nachbessern, damit es den Wünschen des Autors entsprach.“

Erfreulich: Die Verlage im „Meet & Greet“ sehen junge und unsichere Autoren nicht als „leichte Beute“ für ihr Verlagsgeschäft. So erzählt Britta Voß vom Frankfurter Größenwahn Verlag, dass ihr Haus schon seit dem ersten Meet & Greet mit von der Partie sei, es aber bisher noch nie zu einer Kooperation kam, weil Mr.oder Mrs. Right nicht auftauchte. Ob man dieses Jahr mehr Glück hatte?

Debutautor Carl Wilckens mit „13“ am Stand des Acabus Verlages

Natürlich hoffen auch Neulinge der schreibenden Zunft auf den großen Wurf. Letztes Jahr konnten immerhin 18 Vertragsabschlüsse nach dem „Meet & Greet“ verbucht werden, 2015 waren es sogar 21 Verträge. Eine jener Erfolgsgeschichten wurde beim Hamburger Acabus Verlag geschrieben, für den Programmleiterin Daniela Sechtig Ansprechpartnerin vor Ort war. Ob dieses Jahr ein Debutautor überzeugen konnte, wird sich erst nach Prüfung der Exposés herausstellen. Aufmerksame Besucher konnten am Acabus-Stand den Titel „13“ in die Hand nehmen. Dessen junger Autor Carl Wilckens nahm bereits 2015 beim ersten Meet & Greet teil, konnte jedoch mit seiner Idee zunächst bei keinem Druckhaus punkten. Er nahm die Absage sportlich, setzte das Feedback der Lektoren um und verbesserte seinen Schreibstil. 2016 stellte er sich erneut beim „Meet & Greet“ mit einem Fantasy-Buch im Gepäck vor. Diesmal griff der Acabus Verlag zu und präsentiert nun den Debütroman von Carl Wilckens mit der infernalischen Nummer 13 im Programm.

Auch 2017 waren viele bunte Genres beim „Meet & Greet“ vertreten, mehr als 200 Dates fanden statt. Und die erinnerten wirklich an den typischen Ablauf von Speed-Datings: An Tischen warteten die Literaturagenten und Verlagslektoren. Nach Aufruf hatten die Jungautoren zehn Minuten Zeit, ihre Idee zu pitchen. Eine Klingel beendete unbarmherzig das Gespräch, die „Reise nach Jerusalem“ setzte sich am nächsten Tisch fort. Einige Verleger, wie der Hein-Verlag, boten interessanten Kandidaten nach dem Speed-Dating Einzeltermine an, um in gelöster Atmosphäre die Manuskripte zu besprechen. Überaus zufrieden kehrte Dörte Schmidt von ihrem Treffen mit dem Kohl-Verlag zurück. Dort hattee sie ihr Manuskript „Vitaminchen oder Maja und die Zuckerpiraten“ vorgestellt, eine Kombination aus Kinderbuch und Ernährungsratgeber.

Nicht alle Autoren werden dieses Jahr ihr Match finden. Doch bei allen steht am Anfang das Wort. Ihnen ergeht es ähnlich wie Dr. Frankenstein aus dem Roman von Mary Shelley: Sie wanken zwischen Schockstarre und genialischen Triumph, wenn sie bemerken, dass ein zuvor untotes Etwas, zusammengesetzt aus vielen Sätzen, Absätzen und Kapiteln, plötzlich die Augen aufschlägt und atmet. Die Rollen sind klar verteilt: Der Leser entscheidet, ob sich diese Kreatur als mordhungriges Monster entpuppen oder sich als ein Wunder der Schöpfung herausstellen wird. Den Verlagslektoren hingegen kommt die Rolle der Rechtsmediziner zu, die über Leben und Tod des Wesens urteilen. In ganz seltenen Fällen verlieben sich Ärzte ja auch in ihre Patienten…

Danke für die Einschätzung an Gordon McBane. Er nahm mit dem Manuskript seines Mystery-Thrillers „Die Kinder von Bragolin“ am „Meet & Greet“ 2017 teil. Fotonachweis: Gordon McBane (2)

Gastkommentar: Mein Buchmessefreitag 2014 / Von Sandra Gräfenstein

Autorin Sandra Gräfenstein. Foto: Detlef M. Plaisier
Autorin Sandra Gräfenstein. Foto: Detlef M. Plaisier

Einfach mal so einen Tag auf die Buchmesse? Geht nicht. Ich habe mich schon seit Tagen darauf vorbereitet, im Programmheft wichtige Veranstaltungen markiert und genau kalkuliert, wann ich wo wie am schnellsten hinkomme. Zur Einstimmung war ich gestern schon zur Lesung von Jens Lange „Stahlbetone, Kenotaphe – Brauttruhen von Mooreiche“ im Poniatowski.

Mein Buchmessefreitag beginnt pünktlich um neun in der Glashalle. Nur kurz umschauen, wie das Blaue Sofa dieses Jahr gestaltet ist, und schon geht’s auf zum Schweizer Forum, um einen guten Platz zum „Weckruf“ zu 9:30 Uhr zu ergattern. Der Weckruf ist laut (davon wird jeder wach, der mittlerweile in der Glashalle ist) und bringt mich ein wenig in die Schweizer Berge. Darauf folgt eine Fragerunde zur Schweiz… wunderbar und wissenswert. Die Schweizer spielen nicht „Mensch ärgere dich nicht“ sondern „Eile mit Weile“…

Schweizer Weckruf mit "Doppelbock". Foto: Detlef M. Plaisier
Schweizer Weckruf mit „Doppelbock“. Foto: Detlef M. Plaisier

Danach mache ich mich auf in Richtung CCL mit kurzem Abstecher in Halle 2, ich habe ja noch etwas Zeit… und so sehe ich zuerst bei der Bundesregierung vorbei und bekomme wieder ganz viel Material fürs Studium. Dieses Jahr veranstaltet die Bundesregierung eine Quizshow für Schüler mit Fragen zur deutschen Regierung und zur Welt. Puuuh… manche Fragen kann ich auch nicht beantworten. Danach geht’s noch zur Bundesbank, wo es Material zu Geld und Geldpolitik gibt und auch viele Fragen dazu beantwortet werden. Es gibt auch Papiergeld geschreddert und eingeschweißt zum Mitnehmen, ein schönes Dekostück.

Quelle: zdf.de
Quelle: zdf.de

Nun muss ich mich aber sputen. Um 11 Uhr gibt’s einen Vortrag im CCL von der EZB. Der Weg ins CCL ist leicht von Halle 2 aus – und nun? Keine Sorge, an den Treppen im CCL ist alles perfekt ausgeschildert. Seminarraum 13: Ebene +2. Super gefunden. Der Seminarraum ist angenehm klimatisiert und gut vorbereitet. Die Dozentin Kristin Gruner-Ziegler kommt von der Filiale der Deutschen Bundesbank Leipzig. Der Vortrag „Die Geldpolitik der EZB seit Ausbruch der Krise“ sollte 30 Minuten dauern. Es wurden spannende 45 Minuten daraus. Für weitere Fragen wurden alle Zuhörer an den Stand der Bundesbank in Halle 2 eingeladen, was ich auch für Fragen zum Material nochmals genutzt habe.

Das schnellste Fortbewegungsmittel auf der Buchmesse. Foto: Archiv Detlef M. Plaisier
Das schnellste Fortbewegungsmittel auf der Buchmesse. Foto: Archiv Detlef M. Plaisier

Nächster Treffpunkt: 13:30 Uhr am Blauen Sofa. Endlich Zeit, um mich in den Hallen genauer umzusehen. In Halle 2 gab es ganz viele Leseinseln für Kinder, Halle 4 war mit ganz viel Schweiz und etwas Fantasy belegt. Halle 5 brachte mir als erstes eine kleine Stärkung in Form einer großen Auswahl an Gummibärchen und zeigte mir dann alles Wichtige, um Karriere zu machen. Fragen zu Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen wurden nach Anmeldung beim Karrieretag beantwortet. In Halle 3 gab es wieder Infos pur zur Uni Leipzig, dem ARD Hörbuchforum und dem ARD TV-Forum.

Vor der Öffnung der Hallen. Foto: Archiv Detlef M. Plaisier
Vor der Öffnung der Hallen. Foto: Archiv Detlef M. Plaisier

Nun wieder auf zur Glashalle. Eine kurze Verschnaufpause im Eingangsbereich, um die Manga-Kostüme zu sehen. Dann zum ZDF-Stand, um Kuli, Mainzelmännchen-Figur DET und Pin einzusammeln, und dann direkt zum Blauen Sofa: Autorengespräch um 13:30 Uhr mit Julia Enke zu ihrem Buch „Charisma und Politik“. Das Buch scheint aufklärend zu sein, welchem unserer Politiker Charisma fehlt… Es kommt auf meine bisher recht kurze Liste der Bücher, die ich gern lesen möchte.

Mein Gefühl sagt: Mittagszeit – dabei ist es schon nach 14 Uhr. Also einmal umschauen, was es alles so gibt in der Glashalle. Crêpes, Pizza, Hotdogs, Suppen, Kuchen. Ich entscheide mich für asiatische Nudeln mit Gemüse für fünf Euro.

Manga-Comic-Convention LBM 2014. Foto: Detlef M. Plaisier
Manga-Comic-Convention LBM 2014. Foto: Detlef M. Plaisier

Nach der Stärkung habe ich mir nochmals Halle 3 etwas genauer angeschaut und dann einen kurzen Abstecher in Halle 1 zur Manga-Comic-Convention gemacht. Die Halle 1 ist voller schöner Kostüme mit einer riesigen Bühne, auf der gerade ein Kampf der Jedi-Ritter nachgestellt wird. Manga und Comic ist nicht gerade meins, aber den Kampf der Jedi musste ich mir anschauen. Die Lichtschwerter waren einfach Klasse!

Jetzt wieder zurück in Halle 3 zur Uni Leipzig. Die Sitzplätze sind leider genauso hart und ungepolstert wie im letzten Jahr, die Themen aber genauso spannend. Thema um 16 Uhr ist die Eurokrise. Die einen Reden nur darüber, die anderen leben damit. Interessant, wie das in Portugal gesehen wird und wie man dort damit umgeht.

Leider kann nicht bis zum Schluss bleiben. Da wartet nämlich um 17 Uhr der Schweizer Ausklang in der Glashalle auf mich. Und es war die richtige Entscheidung: Christian Uetz, Performer und Autor, stellt sein „Schweizer Requiem“ vor. Ein gelungener Ausklang mit viel Humor.

So, nun habe ich all meine Stationen mitgenommen, die ich mir ausgesucht hatte, bin voll und ganz zufrieden und freue mich schon jetzt … auf die nächste Buchmesse vom 12. – 15.03.2015. Der Urlaub ist schon im Kalender vorgemerkt – genau wie die freien Tage zum WGT…